Gelenk
Gelenk

Wenn die Seele Hilfe braucht

Eine entzündlich-rheumatische Erkrankung begleitet Sie Ihr Leben lang. Das fordert nicht nur Ihren Körper heraus, sondern wirkt sich auch auf Ihre Psyche aus. Ist Ihre Stimmung mitunter etwas gedrückt, ist das normal. Versuchen Sie, positiv mit Ihrer Erkrankung umzugehen und damit auch Ihr Wohlergehen zu beeinflussen. Ihr Leben besteht aus so viel mehr als nur der Erkrankung.

Mentale Herausforderungen bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen

Unsere moderne und digitalisierte Welt ist schnell, bewegt und laut: Ein stetiger Strom von Reizen. Das stresst und kann sowohl den Körper als auch die Psyche belasten.

Junge Frau sitzt auf dem Sofa, hält ein Kissen und sieht traurig aus
Junge Frau sitzt auf dem Sofa, hält ein Kissen und sieht traurig aus
Junge Frau sitzt auf dem Sofa, hält ein Kissen und sieht traurig aus

Eine entzündlich-rheumatische Erkrankung kann zu einer zusätzlichen Stress-Quelle werden. Schmerzen Ihre Gelenke oder erschwert Ihnen ein Schub den Alltag, ist das sowohl für Ihren Körper als auch für Ihr seelisches Wohlergehen belastend. Möglicherweise mussten Sie schon einmal ein Treffen absagen, weil Sie eine Auszeit brauchten. Vermeintlich einfache Tätigkeiten im Alltag, wie eine Flasche aufzudrehen oder den Knopf eines Hemdes zuzumachen, können mit einer rheumatischen Erkrankung zu einer Hürde werden. Immer wieder aufs Neue fordert die Erkrankung Betroffene heraus.

Wenn Sie von Zeit zu Zeit Wut empfinden, sich verunsichert fühlen oder sich zurückziehen wollen, ist das normal. Gute und weniger gute Tage wechseln sich ab. Versuchen Sie, sich auf die Highlights Ihres Alltags zu konzentrieren. Bemerken Sie jedoch, dass zunehmend negative Gefühle überwiegen, kann es helfen, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. 

Eine außergewöhnliche Beziehung: Immunsystem und Psyche

Der Körper und die Seele bilden eine Einheit. So verwundert es nicht, dass sie gegenseitig aufeinander einwirken und sich beeinflussen können.

Bei einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung ist die Verbindung des Immunsystems mit der Psyche ganz besonders relevant. Denn bei einer Autoimmunerkrankung, wie Rheuma, richtet sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen, was zu entzündeten Organen und Gelenken führen kann. Die in der Folge auftretenden Beschwerden können die Beweglichkeit einschränken und Schmerzen verursachen.

Im Gegenzug kann auch seelischer Stress die körperliche Gesundheit beeinflussen. Hält eine anstrengende Phase über einen längeren Zeitraum an, schwächt dies das Immunsystem. Die Entzündungsaktivität kann daraufhin ansteigen und Ihre Symptome können wieder zunehmen.

Vielleicht haben Sie selbst schon bemerkt, dass schmerzende und geschwollene Gelenke Ihre Stimmung beeinträchtigen. Damit sind Sie nicht allein. Viele Untersuchungen der letzten Jahre zeigen, dass etwa die Hälfte aller Rheumabetroffenen depressive Verstimmungen kennen und mit Ängsten und Unsicherheiten zu kämpfen haben.

Die gute Nachricht: Sie können den Teufelskreis durchbrechen und Ihre Lebensgeister wachrütteln. Beeinflussen Sie Ihre psychische Gesundheit positiv, können sich auch die körperlichen Symptome Ihrer Erkrankung positiv entwickeln.

Mehr über die Rolle des Immunsystems können Sie unter Mein Immunsystem nachlesen.

Stress ist nicht gleich Stress

Abhängig davon, wie lange Sie einer herausfordernden Situation ausgesetzt sind, wirkt sich Stress unterschiedlich auf Ihren Körper und Geist aus. Ebenfalls spielt eine Rolle, wie Sie die herausfordernde Situation erleben.

Eustress bezeichnet eine kurze belastende Phase, die Sie als positive Herausforderung empfinden. Sie fühlen sich der Situation gewachsen und erkennen, dass Sie sie meistern können. Dabei wird der Körper akut mit viel Energie versorgt. In dieser Zeit sind Sie leistungsfähiger und können Ihre Möglichkeiten optimal ausnutzen. Womöglich kennen Sie das befriedigende Gefühl, das in einem solchen Moment durch den Körper strömt.

Distress dagegen entsteht, wenn die Belastung nicht nachlässt und Sie sich angespannt, überfordert oder gar ängstlich fühlen. Hält der Stress für einen langen Zeitraum an, wird er chronisch und beeinträchtigt neben Ihrer Stimmung auch Ihre körperliche Gesundheit. Das Immunsystem ist geschwächt, weswegen leichter neue Entzündungsherde entstehen können.

In der Broschüre „Das Immunsystem – Funktion und Bedeutung bei rheumatischen Erkrankungen“ finden Sie weitere Informationen, was das Immunsystem für Ihre Erkrankung bedeutet. Am Ende der Broschüre können Sie Ihr Wissen in einem kurzen Quiz testen. Einfach unter Meine Broschüren  downloaden oder bestellen.

Weniger Beschwerden bedeuten auch weniger Stress

Damit Sie den körperlichen Symptomen bestmöglich vorbeugen können, ist es wichtig, dass Sie Ihre ärztlichen Kontrolltermine regelmäßig wahrnehmen. Sie tragen dazu bei, dass Ihr Arzt oder Ihre Ärztin neue Entzündungsherde frühzeitig erkennen und behandeln kann. Nehmen Sie Ihre Medikamente wie verordnet ein und setzen Sie sie nicht eigenmächtig ab. Wenn Sie Fragen haben oder unsicher sind, wenden Sie sich an Ihre behandelnde Praxis.

Nehmen Sie Ihre Seele unter die Lupe

Zu viel Stress kann sich körperlich und seelisch bemerkbar machen. Gehen Sie achtsam mit Ihrem Körper um und nehmen Sie die Signale wahr, die er Ihnen gibt.   

Körperliche Anzeichen

  • Muskuläre Verspannungen
  • Kopfschmerzen oder Migräne
  • Schweißausbrüche
  • Müdigkeit, Schlappheit
  • Schlafprobleme
  • Verdauungsbeschwerden

Psychische Anzeichen

  • Unsicherheiten, Sorgen, Ängste
  • Unruhe, Nervosität
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Aggressivität, Gereiztheit
  • Unentschlossenheit
  • Überforderung

Sie sind mehr als Ihre Erkrankung

Ihre Erkrankung ist Teil Ihres Alltags. Vielleicht haben Sie manchmal das Gefühl, dass sie fast Ihr ganzes Leben einnimmt. Trotzdem macht Ihr Rheuma Sie nicht aus – Sie sind viel mehr als das.

Älterer Mann sitzt auf Sofa und überlegt
Älterer Mann sitzt auf Sofa und überlegt

Wenn Sie die Diagnose gerade erst erhalten haben, sind Sie vielleicht noch unsicher oder gar ratlos, wie Sie mit den Auswirkungen Ihrer Erkrankung umgehen können. Nehmen Sie sich Zeit für sich und ordnen Sie erst einmal Ihre Gedanken und Ihre Gefühlswelt. Häufig treten danach die positiven Aspekte des Lebens wieder deutlicher hervor.

 

Konzentrieren Sie sich dafür auf schöne Erlebnisse der letzten Zeit. Haben Sie vielleicht einen Spaziergang in der Natur unternommen und dabei die Sonne auf der Haut gespürt? Oder waren Sie in einer Therme und konnten den Alltag hinter sich lassen? Fokussieren Sie sich auf das, was Ihnen in diesen Situationen besonders gutgetan hat. Vielleicht entdecken Sie ganz neue Wege und Perspektiven, die Ihnen vorher nicht in den Sinn gekommen sind.

Versuchen Sie zu erkennen, wo Ihre Grenzen liegen. Bemerken Sie beispielsweise, dass Sie sich nach einer Aktivität immer ein wenig ausruhen müssen, planen Sie solche Ruhephasen schon vorab mit ein. So beugen Sie Stress vor und sorgen für mehr Ausgeglichenheit in Ihrem Leben.

Gehen Sie auch auf die Suche nach kleinen Alltagshelfern, die Ihnen in der einen oder anderen Situation behilflich sein können. Auf diese Art fallen Ihnen bestimmte Tätigkeiten wieder leichter, was sich wiederum auf Ihr gesamtes Wohlbefinden auswirkt. Sogenannte Knöpfhilfen machen beispielsweise das Auf- und Zuknöpfen eines Hemdes für Sie bequemer. Spezielle Aufsätze für Griffe unterstützen Sie, wenn Sie etwas aufheben oder greifen möchten.

Hinterfragen Sie Ihre Einstellung zu Ihrer Erkrankung und machen Sie sich bewusst, dass Sie es selbst in der Hand haben. Sie bestimmen, welchen Platz Ihr Rheuma in Ihrem Leben einnimmt.

Die Broschüre „Seelische Belastungen bei einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung“ enthält weitere Tipps und Anregungen, wie Sie sich mental stärken können. Bestellen oder downloaden Sie das Heft unter Meine Broschüren.

Seelischen Belastungen positiv entgegenwirken

Möglicherweise sind Sie noch unsicher, wie Sie Ihr Leben wieder aktiver gestalten können. Um Ihrer Erkrankung positiv zu begegnen, können Sie bestimmte Methoden und Strategien anwenden. Sie helfen, Hürden zu bewältigen und sie auch in Zukunft gelassener anzugehen. Probieren Sie unterschiedliche Verhaltensweisen aus, lernen Sie sie anzuwenden und finden Sie Ihren ganz eigenen Weg der Krankheitsbewältigung. 

Junge Frau meditiert lächelnd
Junge Frau meditiert lächelnd
Junge Frau meditiert lächelnd

Wissen stärkt

Werden Sie zum Experten oder zur Expertin für Ihre eigene Erkrankung. Informieren Sie sich, was in Ihrem Körper beispielsweise während eines Schubs passiert oder wie Sie Ihre Gelenke positiv unterstützen können. Das Wissen um Ihre Erkrankung stärkt Ihr Selbstbewusstsein und kann Ihnen helfen, Herausforderungen gelassener zu begegnen.

Angehörige miteinbeziehen

Erzählen Sie Ihren Angehörigen von Ihrer Erkrankung und was sie für Sie und Ihren Alltag bedeutet. Besprechen Sie gemeinsam, bei welchen Tätigkeiten Sie Unterstützung benötigen und was Ihnen helfen würde. Wenn Sie offen damit umgehen, weiß Ihre Umgebung wie sie in belastenden Zeiten für Sie da sein kann.

Work-Life-Balance

Gönnen Sie sich von Zeit zu Zeit etwas Ruhe und Entspannung. Das kann ein ausgedehnter Spaziergang im Wald sein oder ein toller Film im Kino. Schauen Sie, was für Sie eine Auszeit bedeutet. Wenn Sie abschalten, hat auch Ihr Körper Zeit, sich auszuruhen und Kraft zu tanken.

Schonend bewegen

Moderate Bewegung kann sich positiv auf Ihr Körpergefühl auswirken und Ihren Stresslevel senken. Bleiben Sie körperlich aktiv, erhalten Sie damit auch Ihre Beweglichkeit im Alltag. So stärken beispielsweise Kräftigungsübungen mit leichten Gewichten Ihre Muskulatur, die wiederum Ihre Gelenke schützt. Wassergymnastik ist besonders wohltuend für Ihre Gelenke, da der Körper im Wasser getragen wird. Beraten Sie sich mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, welche Sportarten für Sie geeignet sind. In Schubphasen sollten Sie intensives Training vermeiden, um Ihren Körper nicht zusätzlich zu belasten.

Mehr Tipps zum Thema Bewegung finden Sie in dem Artikel Bewegung und Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen.

In der Ruhe liegt die Kraft

Mit Entspannungstechniken wie Yoga oder Qigong  stärken Sie Ihr körperliches und psychisches Gleichgewicht auf ruhige Art und Weise. Auch Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training tragen dazu bei, gelassen und widerstandsfähig zu sein. Solche Übungen können Sie auch gut in Ihren Alltag integrieren. Finden Sie Ihre Methoden für einen entspannenden Ausgleich.

Aus Krisen gestärkt hervorgehen

Manchmal ist die Seele erschöpft. Jeder Mensch fühlt sich von Zeit zu Zeit kraftlos, wenn zu viele Herausforderungen an den Nerven zerren. In der Regel geht eine solche Phase wieder vorbei und Sie können das Leben mit neuem Mut anpacken.

Wenn sich Sorgen und Ängste nicht vertreiben lassen, kann professionelle Hilfe ratsam sein. Sich einzugestehen, dass eine Krise allein nicht allein bewältigt werden kann und muss, bedeutet, sich und dem eigenen Körper gegenüber verantwortungsvoll zu handeln. Sie trifft keine Schuld, wenn Sie mal nicht weiterwissen. Wichtig ist nur, dass Sie erkennen, wann es zu viel ist.

Wie Unterstützung für Sie aussehen soll, entscheiden Sie ganz allein. In einer Einzel- oder Gruppentherapie haben Sie beispielsweise die Möglichkeit, mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten zu sprechen. In diesem Rahmen erarbeiten Sie gemeinsam und Schritt für Schritt einen Weg zu mehr Wohlbefinden und Lebensfreude. Hier können Sie sich den Ballast von Ihrer Seele reden und wieder mehr Leichtigkeit in Ihr Leben lassen.

Möchten Sie sich mit anderen Betroffenen austauschen, kann eine Selbsthilfegruppe für Sie geeignet sein. In gemeinsamen Gesprächen hören Sie, wie andere Betroffene Ihr Leben mit einer chronischen Erkrankung bewältigen und haben die Chance, konkrete Tipps für Ihren eigenen Umgang zu bekommen. Möglicherweise inspirieren auch Sie jemanden, das Leben mutig anzupacken.

Wo finde ich Hilfe?

Die folgenden Anlaufstellen bieten weiterführende Informationen, Möglichkeiten der Unterstützung und Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe an:

  • Bei der Telefonseelsorge erreichen Sie rund um die Uhr jemanden. Kostenlos und anonym.
    Tel. 0800-1110111 oder 0800-1110222
    www.telefonseelsorge.de
  • Der psychiatrische Notdienst oder die Notfallambulanz einer Klinik hilft Ihnen weiter, wenn Sie sich in einer akuten Notfallsituation befinden. Wenden Sie sich an den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dort wird Ihnen mitgeteilt, welche Anlaufstelle in Ihrer Nähe liegt.
    Tel. 116117
  • Die Deutsche Rheuma-Liga bietet weiterführende Informationen, Beratung und Unterstützung für Betroffene und Angehörige einer rheumatischen Erkrankung. 
    www.rheuma-liga.de
  • Bei dem Selbsthilfe-Netzwerk der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew e. V. haben Sie die Möglichkeit, nach Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe zu schauen. 
    www.bechterew.de
  • Die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen bietet eine Datenbank, in der Sie sich nach einer Selbsthilfegruppe umschauen können, die zu Ihnen passt. 
    www.nakos.de/adressen/datenbanksuche/
  • Darüber hinaus finden Sie hier unter der Rubrik Anlaufstellen eine Liste mit allgemeinen und therapiespezifischen Unterstützungsangeboten.

Tipps für einen entspannten Alltag? Hier erfahren Sie mehr.

Diagnose Rheuma? Lesen Sie hier, welche Rheuma-Formen es gibt.

Biogen-174189